Dieses Buch beinhaltet die Erzählungen von Toni, der viele Jahre an einer renommierten Schule unterrichtete. Dann kam es zu einer üblen Nachrede, die seinen Lebenstraum zerbrechen ließ. Marys Traum war ein Gemüseladen. Doch bevor er Wirklichkeit werden konnte, musste einige Zeit vergehen.
Der Wind wurde nach dem Tod einer alten Schulfreundin aufgesucht und darüber in Kenntnis gesetzt, dass er mit der kürzlich Verstorbenen eine Tochter hat. Diese große Überraschung blieb nicht seine letzte…

 

 

 

Toni

 

 

Fünf Klassen unterrichtete ich an einer Gesamtschule in South Dakota. Die Fächer Sport, Politisches Denken und Kunst waren so unterschiedlich, wie sie überhaupt sein konnten und machten mich schon in meiner eigenen Schulzeit glücklich. Dort fasste ich den Entschluss, Lehrer in diesen drei Einheiten zu werden. Meine Eltern unterstützten diesen Vorhaben zu hundertneunzig Prozent, erlebten aber leider nicht mehr, wie ich meine Festanstellung erwarb. Sie starben bei einer schweren Autokarambolage, die auch drei weiteren Personen das Leben kostete.

Ihr Tod brachte mich aus dem Gleichgewicht und ihre Beerdigung glich einem Horrorszenario. Am liebsten hätte ich mich sofort umgebracht, aber die lieblich klingende Stimme meiner Mutter hinderte mich daran, diesen Schritt zu unternehmen. Ich lebte für sie weiter, um ihnen zu zeigen, dass ich ein guter Lehrer sein werde. Ich spürte ihren Stolz und war erfüllt davon.

 

Zwanzig Jahre übte ich den Beruf aus. Tag für Tag, Monat für Monat, Jahr für Jahr. Ich lebte nur dafür, es gab kein weiteres Leben neben meine Berufung. Es wäre weder für eine Frau noch für Kinder Zeit gewesen.

 

In der Lehrerschaft genoss ich ein sehr hohes Ansehen und die Stimme meiner Mutter klang auch die vielen Jahre nach ihrem Tod in meinem Ohr. Ich besuchte meine Eltern jeden Sonntag auf dem Friedhof und legte ihnen frische Blumen auf ihr Grab. Für etwas Gepflanztes wäre keine Zeit gewesen, denn das versuchte ich zu oft vergeblich. Immer vertrocknete alles und ich wollte auch niemand bitten, geschweige denn bezahlen, die Pflanzen zu gießen.

 

In meinem letzten Jahr vor meinem Tod bekam ich zwei neue Klassen zugeteilt. Sie waren die ältesten, die ich jemals hatte und da war eine junge Frau, die meiner Mutter glich. Ich behütete sie wie einen Augapfel und begleitete sie liebevoll durch das Schuljahr. Ihre Mitschüler machten mich auf etwas aufmerksam, das mir selbst bis zu jenem Zeitpunkt verschlossen blieb. Sie meinten: „ich fasse ihre Mitschülerin sehr oft an“. Ich merkte davon nichts und meine Hand auf ihrer Schulter, wenn ich ihr Geschriebenes betrachte, konnte doch nicht so schlimm sein. Die junge Frau beschwerte sich nie bei mir, also legte ich nichts auf die Annahmen der Anderen.

 

Nur wenige Tage später kursierte das Gerücht: „der alte Lehrer fummelt“. Die ganze Schule sprach davon und ich wurde genauer unter die Lupe genommen. Ich konnte nicht mehr mit der Hingabe unterrichten, die ich sonst fürwahr nahm und das stolze Gefühl verschwand.

 

Auch die Nächte wurden zu einem Alptraum. Ich saß mit einer Schulklasse in einem verschlossenen Bus. Wir versuchten die Fenster zu öffnen, doch sie ließen sich nur ankippen. Unkontrolliert begann ich die jungen Frauen anzufassen und sie sahen alle identisch aus. Sie waren alle SIE und die heranwachsenden Männer zeigten mit dem Finger auf mich.

 

„Igitt der Alte grabscht wieder.“ Das wiederholten sie den ganzen Traum im Chor und meine Hände glitten an jeder Frau entlang und suchten sich die nächste.

 

Das Leben wurde für mich unlebbar und die Vorstellung wieder zur Schule zu müssen, war schrecklich. Nach dem ich auf offener Straße bloßgestellt wurde, ließ ich mich krankschreiben.

 

Jede Nacht derselbe Traum vom verschlossenen Bus trieb mich in den Wahnsinn. Ich konnte so nicht mehr weiterleben und wollte es auch nicht mehr. Der Sinn, der mich damals abhielt mein Leben zu beenden, war verschwunden.

 

Ich sehnte mich danach, in den Armen meiner Mutter zu liegen und erklärte mir auf diese Art auch das unbewusste Anfassen der Frau. Die Wärme einer Umarmung fehlte mir. Hätte ich mich für ein Familienleben entschieden, wäre es wohl nicht soweit gekommen - dachte ich damals zumindest.

 

Ich fuhr viele Kilometer mit meinem Auto bis ich an einer Brücke, die hoch über einem Fluss ragte, anhielt. Die Strömung war stark und dadurch begriff ich den Geheimtipp auf den Suizidseiten. Stirbt man nicht bei dem Aufprall auf das Wasser, das sich in dieser Höhe wie Beton anfühlen muss, so verliert man meist das Bewusstsein und ertrinkt am reißerischen Sog.

 

Ohne Sorgen genoss ich die malerische Atmosphäre und hätte ich noch meine Liebe für die Kunst geteilt, hätte ich mir Staffelei und Pinsel zur Hand genommen. So trug ich meinen kleinen Hocker, weil ich sonst große Mühe am hohen Geländer gehabt hätte. Einige Autofahrer hupten auf meinen letzten Gang. Sie waren mein Orchester des Friedens, denn den schloss ich mit mir selbst, als ich auf den Hocker stieg und das Geländer nur noch einen langen Schritt entfernt war. Als ich es erklomm, konnte ich nicht lange still stehen. Ich verlor mein Gleichgewicht und um nicht rückwärts auf dem Hocker zu landen, verlagerte ich mein Gewicht nach vorn und stürzte in das Wasser. Auf das Wasser wäre mir lieber gewesen, denn es hatte nicht den Härtegrad, den ich mir erhoffte. Auch der Wunsch nach der Ohnmacht wurde mir nicht erfüllt. Ich wurde durch das Wasser gezogen, bis meine Kraft nachließ, nicht mehr den Kopf an die frische Luft zu retten. Dabei war der Instinkt noch übermäßig stark. Mein Körper wollte nicht wehrlos aufgeben, es blieb ihm aber nichts anderes übrig ... es gab keine anderen Varianten, als zu sterben.

 

 

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